Der Kempener Historiker Dr. Hans Kaiser spricht im Von-Broichhausen- Stift über das segensreiche Wirken des Stiftungsgründers Johann von Broichhausen. Foto: Axel Küppers

Kempen, 21.07.2019 – „Keine andere Hospital-Stiftung in Deutschland verfügt über eine solch große Vergangenheit.“ Mit diesem Satz schloss Dr. Hans Kaiser seinen Vortrag im Von-Broichhausen-Stift. Im Rahmen der Sonntags-Kulturreihe sprach der Kempener Historiker über Kempener Straßennamen. Aus gegebenem Anlass konzentrierte sich der ehemalige Realschullehrer auf die Von-Broichhausen-Allee – sie liegt schließlich vor der Haustür.

Johann von Broichhausen hat die Stiftung Hospital zum Heiligen Geist 1390 gegründet. Mehr als 50 Zuhörerinnen und Zuhörer – darunter Ex-Propst Dr. Josef Reuter – klebten im Café des Von-Broichhausen-Stifts förmlich an den Lippen von Dr. Kaiser. Dem Historiker gelang es, in einer Dreiviertelstunde anschaulich und in verständlicher Sprache die bewegte Geschichte der Stiftung von den Anfängen bis in die heutige Zeit zu skizzieren.

„Er muss ein ganz schöner Schluckspecht gewesen sein“, sagte Dr. Kaiser mit Blick darauf, dass der erste Sitz der Stiftung im Haus der heutigen Gaststätte Traberklause an der Peterstraße 41als Weinhaus etabliert wurde. Der wohlhabende Kempener Bürger von Broichhausen entwickelte erst später aus dem Stiftungsgedanken heraus ein Gasthaus daraus. „Gasthaus aber nicht im heutigen Sinne von Kneipe, sondern als Wohnstätte für Arme und Kranke“, so Dr. Kaiser. Um die eigene Familie vor der Hölle zu retten und um Vergebung der Sünden zu bitten, ließ von Broichhausen nebenan ein Gebetshaus errichten – die heutige Heilig-Geist-Kapelle, die den Namen der Stiftung trägt. Die Kapelle, seit 1987 im Besitz der Propsteipfarrgemeinde und seit 2012 leerstehend, ist vielfältig genutzt worden – unter anderem als Bücherei, Buchhandlung und VHS-Stelle. Bis zur französischen Besatzung Ende des 18. Jahrhunderts, so Dr. Kaiser, diente das „Armenhaus“ neben der Kapelle als Anlaufstelle für die Bedürftigen der Stadt.

Unter den Franzosen wurden die Schwachen schließlich im Annenhof an der Oelstraße 9 untergebracht, „wegen der Ansteckungsgefahr“ also etwas weiter außerhalb. So entstand ab dem Jahr 1845 im Annenhof das erste Krankenhaus der Stadt, berichtete Dr. Kaiser. 1887 schließlich zog das Krankenhaus in das leerstehende Ursulinenkloster an die Mülhauser Straße um. „Dort entwickelte sich auch das erste Kempener Altenhaus als Vorläufer des Von-Broichhausen-Stifts.“ Weitere wegweisende Schritte waren 1961 der Neubau des Hospitals an der Mülhauser Straße bzw. Von-Broichhausen-Allee sowie acht Jahre später die Errichtung des Von-Broichhausen-Stiftes auf dem Gelände des Hospitalgartens.

Dr. Hans Kaiser erinnerte sowohl an den Verkauf des Hospitals an die bayerische Gesellschaft Artemed vor sieben Jahren als auch an das Jubiläum des Von-Broichhausen-Stifts vor einigen Tagen. „Das Von-Broichhausen-Stift ist bis heute voller Leben – mit Kulturveranstaltungen, Konzerten, Karneval und Ausstellungen“, sagte Dr. Kaiser.

Und auch, wenn sich der Fokus von der Heilig-Geist-Kapelle in der Altstadt zur Von-Broichhausen-Allee bewegt habe und demnächst ein Neubau des Stifts zum Schmeddersweg ansteht, so sei die durch Johann von Broichhausen geschaffene Stiftungsidee so präsent wie vor 629 Jahren.

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